Fortuna ist nicht käuflich
Da war es wieder, das Lottofieber, das ganz Österreich durch einen vierfach- Lottojackpot erfasst hat. Reihenweise sind die Leute mit hoffnungsvoll glänzenden Augen an den Annahmestellen gestanden. Auch ich war dabei, obwohl ich mir geschworen habe, nie mehr als einen vertretbaren Betrag für solche Zwecke auszugeben, - auch nicht bei einem Jackpot. Aber ich Dumpfbacke habe trotzdem wieder hundert Euro in den Sand geschmissen.
Und wieder wurde in kollektiven Massen vom großen Gewinn geträumt, mit dem man sich so viele bislang unerreichbare Wünsche erfüllen könnte, - ein schickes Penthouse in Top Lage, eine Weltreise erster Klasse, ein fettes Konto und ein Anlagenberater. Und dann hätte man viele, viele „Freunde“.
Aber die Gewinnchance wird nicht höher, wenn ein paar Millionen Euro mehr im Pott liegen, auch nicht, wenn ein paar Millionen Tipps mehr gekauft werden. Diese Chance steht bei 1: mehreren Millionen. Eher wird man im Winter vom Blitz erschlagen.
Allein die Bezeichnung „Glücksspiel“ ist irreführend, denn wenn ich alle meine kaum nennenswerten Gewinne im Laufe der Jahrzehnte zusammenrechne, bleibt letztendlich eine erschreckende Minusbilanz. Ich wäre glücklich, wenn man mir das ganze verzockte Geld für alle meine Nieten auf meinem Konto gutschreiben könnte, aber solche Wunder gibt es nicht. Es wäre auch ungerecht den anderen Zockern gegenüber. Das Glück, das mit dem Glücksspiel gemeint ist, ist kein „Vogerl“, sondern ein fetter, rabenschwarzer Aasgeier, das vor allem auf labile Träumer abzielt, die Woche für Woche voller Erwartung ihr Erspartes verpulvern.
„Glaub ans Glück!“ wird permanent in den Werbepausen gepredigt, und wieder werden einem zig Möglichkeiten vor die Nase gehalten, wie man sich ganz schnell reichrubbeln-, oder mit einem simplen Brieflos, Lotto-, Lotterie-, oder Wettschein „reicher als reich“ werden kann. Auch sonst gibt es genügend Möglichkeiten, sein Geld loszuwerden, sei es in Casinos, Wettbüros oder im Internet.
Eine liebe Freundin schenkte mir zu meinem 50iger einen kleinen Ficus Benjamin, der mit fünfzig Brieflosen geschmückt war. Damaliger Wert: 500 Schillinge. Es war mir ein Vergnügen, diese in einer beschaulichen Stunde zu öffnen. Etwa vierzigmal musste ich „Leider nicht“ lesen. Tatsächliche Ausbeute: 40 Schillinge. Das Gummibäumchen ist bald selbst aus purer Enttäuschung eingegangen.
Kennen Sie jemanden, der schon einmal einen Traumurlaub im Versandhauskatalog gewonnen hat, oder sonst was Großes bei irgendeinem Preisausschreiben? Wahrscheinlich kennen Sie mehr, die nur eingezahlt haben. Mir ist auch keine Firma bekannt, die aus Werbegründen so mir nichts dir nichts Autos, Traumreisen oder große Geldbeträge an wildfremde Personen verschenkt.
Wenn ein Kleinverdiener zehn Euro für eine Niete ausgegeben hat, tut es ihm sicher auch weh. Wenn aber jemand mehr einsetzt, als er sich leisten kann, wird es gefährlich. Abgesehen von kleinen Preisausschreiben sollte man Glücksspielwerbung, insbesondere Casinowerbung rigoros verbieten. Es gäbe weniger zerrüttete Familien und menschliche Tragödien, an deren Ende manchmal sogar ein Suizid steht. Die Sucht kennt keine Grenzen.
Mit dem ersparten Werbebudget sollte man besser Gratis- Therapiestationen für Spielsüchtige einrichten und eindrucksvolle Werbung mit der Aussage, es besser bleiben zu lassen.
Der Mensch ist nun mal ein verspieltes Wesen, und daher werden wir das Glücksspiel generell wohl auch nicht abschaffen können. Das derzeit betrügerische Überangebot an Abzocke aber finde ich katastrophal. Kaum einer SMS oder E-Mail kann man noch trauen, kaum einen Anruf mit unbekannter Nummer. Meist werden ältere Menschen zu Opfern, die zum Beispiel dazu gebracht werden, ihren Schmuck von falschen Polizisten in „Sicherheit“ bringen lassen.
Mit den Teuerungen der letzten Zeit erleben wir gerade eine sehr besorgte Bevölkerung. Da bleibt für viele Mitbürger kaum noch Geld für Rubbellose und Lottoscheine.
Das Einzige, an das wir wirklich glauben sollten, ist die Fähigkeit, aus eigener Kraft an unserem Glück zu arbeiten, mit unseren Händen, -unseren geistigen Fähigkeiten, -unserer Willenskraft und mit unserem Herzen. Fortuna ist nicht käuflich, das wissen wir längst. Meine verstorbene Mutter wird schon recht gehabt haben, wenn sie mit einem verschmitzten Lächeln meinte:
„Wenn du nicht spielst, gewinnst du den Einsatz!“
Reich war die Mamma nie, aber sie war eine bescheidene, glückliche „Gewinnerin“.
Stefanie Werger