Warum nicht alle Reichen reich sind
Wer hat nicht schon davon geträumt, die funkelnden Diamanten in den Schaufenstern der Juweliere nicht nur zu betrachten, sondern auch am eigenen Körper zu tragen? -Statt nach Angeboten in den Supermärkten zu suchen, öfter in feinen Haubenrestaurants zu dinieren? Wie viele Betrachter von Nobelvillen würden viel lieber selbst darin wohnen? Und ist es nicht ein Kreuz mit den Kreuzerln, wenn bei den Lottoziehungen immer die falschen Zahlen gezogen werden?
Träume weichen der Ernüchterung, sobald man den Sollstand seines Bankkontos sieht, obwohl man schuftet, auf schöne Dinge verzichtet und spart. Wenn am Ende nichts übrigbleibt, wird Existenzangst allgegenwärtig. Außerordentliche Belastungen wie Krankheit, der Verlust seines Arbeitsplatzes oder ein Schicksalsschlag können einen in den Ruin treiben. Nicht nur Zocker und Kleinverdiener sind bislang auf der Straße gelandet, sondern auch vormals Wohlhabende. Und wer sich permanent einschränken muß, wird äußerst sensibel auf angekündigte Sparmaßnahmen seitens der politischen Obrigkeiten reagieren, die letztendlich wieder die eigene Brieftasche belasten.
„Nehmt es doch den Reichen weg, nicht immer den Kleinen!“, hört man dann jene sagen, die jeden Cent umdrehen müssen. Dabei denken sie an Promis, die man aus dem Fernsehen kennt, mit ihren teuren Limousinen, Villen und Yachten, die immer dann nach Kitzbühel, Salzburg oder Cannes reisen, wenn sie dort ihresgleichen treffen. Wenn man bedenkt, wie viele hilfsbedürftige Menschen hierzulande immer noch durch unser soziales Netz fallen, ist diese Ansage absolut verständlich.
Aber Vorsicht! Nicht jeder der reich aussieht, ist es auch, und es ist mir ein Anliegen, diese Optik ein wenig zurechtzurücken.
Die wirklich Betuchten, deren Vermögen aus eigener Kraft gewachsen ist, sind überschaubar. Man sieht diesen Leuten den Reichtum nicht unbedingt an. Die meisten geben sich bescheiden und unauffällig und haben es nicht nötig, sich wichtig zu machen. Man könnte von ihnen sparen und wirtschaften lernen.
Nicht so die „Neureichen“, die auf wundersame Art zum großen Geld gekommen sind, sei es durch Heirat, Glücksspiel, eine wirtschaftliche List oder durch eine Erbschaft. Sie neigen dazu, laut und protzig zu sein und das Holz schnell zu verheizen. Nicht selten landen sie schon nach kurzer Zeit wieder dort, wo sie nie wieder hinwollten. Zwischen wirklich Reichen und Armen gibt es noch eine beachtliche Mittelschicht von Wohlhabenden, die sich ihren gehobenen Lebensstandard hart erarbeitet haben.
„Sicher nicht härter als ein Bauarbeiter, oder eine alleinstehende Mutter mit Kindern“ wird man mir entgegenhalten. Hier beginnt meine Aufklärung:
Gut bezahlte Fachkräfte haben meist eine jahrelange Studien- oder Ausbildungszeit ohne Einkommen hinter sich. Junge Akademiker warten oft jahrelang auf einen Job, der ihrer Qualifikation entspricht. Chirurgen und Spitalsärzte arbeiten oft bis zu sechzig Stunden die Woche, wodurch Privat- und Familienleben auf der Strecke bleiben. Bis sich ihre kargen Jahre rechnen, können Jahrzehnte vergehen.
Ein Unternehmer wird kaum mit einer Vierzig-Stunden-Woche auskommen, wenn ihm etwas an seinem Betrieb liegt. Neben dem Bürokram hat er für Ersatz zu sorgen, wenn Mitarbeiter ausfallen und Verpflichtungen nachzukommen. Vierzehn Monatsgehälter kann er nur ausbezahlen, wenn er sie erwirtschaften konnte. Wenn er Engpässe nicht mit Rücklagen abdecken kann, liegt der Konkurs näher als der Gewinn. Passiert dies einem Großkonzern, so gibt es einen bundesweiten Aufschrei, wenn er tausend Leute auf einmal entlassen muß. Passiert dies ein paar hundert Klein- oder Mittelbetrieben, wo in Summe mehr Arbeitsplätze verloren gehen, wird kaum Notiz davon genommen.
Und mit den so genannten „Stars“ ist das auch so eine Sache, denn die meisten, die auf dieses Prädikat Wert legen, laufen Gefahr, aus Mangel an Talent und Ehrgeiz schnell zu verglühen. Dennoch findet man hierzulande noch genug Kreative, die sich mit Fleiß und Ausdauer alles abverlangen. Wenn es so jemand bis in die Bestsellerlisten oder Verkaufscharts schafft, dann sind auch die Neider nicht weit.
Man sieht diese Künstler meist strahlend, geschminkt und gut gelaunt vor den Kameras, nicht aber ihreTränen, Zweifel und Ängste, wenn es einmal Blockaden oder Niederlagen gibt.
Egal, womit wir unser Einkommen verdienen, es gibt keine Erfolgsgarantie! Wer immer nur auf den großen Reichtum wartet, wird öfter enttäuscht werden als jemand, der ein gutes Auskommen anstrebt und eine gesunde Lebensbasis. Der Mensch, dieses empfindsame Wesen braucht vor allem auch etwas, was er sich auch nicht mit viel Geld kaufen kann: - L I E B E.
Stefanie Werger