Phantomschmerzen
Seit Längerem habe ich mich auf dieser Seite nicht gemeldet, weil mir einfach nicht zum Schreiben zumute war. Da ich aus persönlichen Gründen auf keinem Socialmedia – Kanal zu finden bin, sondern nur auf meiner Homepage, auf deren Gästeseite ich nur selten angeschrieben werde, dachte ich: Meine Geschichten interessieren ohnehin kaum jemanden.
Nun ja, da mag auch eine gewisse Gekränktheit mitschwingen, denn seit meinem freiwilligen- und gesundheitlich bedingten Abschied von der Bühne ist es trotz sehr gutem Radio-Airplay meiner Lieder still um mich geworden. Totenstill! Keine Interviews mehr, keine Anfragen, keine Termine, und keiner will mehr was von mir wissen, weder zu Weihnachten, zum Geburtstag noch zu sonstigen Themen. Vielleicht wollte man mich auch einfach nur in Ruhe lassen, was ja lieb gemeint sein mag, aber damit kann ich nicht umgehen, schließlich habe ich mich selbst während meiner jahrzehntelangen Karriere auch nie geschont. Aber so habe ich mich nun mal entschieden und so habe ich es jetzt auch, basta!
Ich konnte ja nicht ahnen, wie sehr mir die Bühne, meine gesamte Crew und mein wunderbares Publikum fehlen werden. Es sind Phantomschmerzen, die sich manchmal schlimmer anfühlen als alles Weh, was mir mein Rücken je angetan hat.
Das hat die gefürchtete Pensionsgrube, in der ich mich plötzlich befand, noch tiefer einsinken lassen. Dabei habe ich selbst einmal gesagt: „Gute Künstler gehen nicht in Pension, sie werden Kult.“ Aber auch das ist kein Trost für mich.
Meinen ehemaligen Musiker-, Bandkollegen und Freunden gegenüber wäre es jedoch ungerecht, würde ich sie in meine leise Wehleidigkeit mit einbeziehen, denn mit ihnen bin ich nach wie vor in herzlichem,- wenn auch seltener gewordenen Kontakt. Private Freundschaften hingegen werden zu beiden Seiten liebevoll gepflegt, sonst wären sie auch schon Geschichte. Letztere kann ich zwar an einer Hand abzählen, aber dafür sie sind unzerstörbar.
Ausgerechnet in jener Phase, als ich mich endlich aus meiner tiefschattigen Grube herauskämpfen wollte, passierte etwas Schreckliches: Mein geliebter Gitarrist „Gogo“ (Goran Mikulec), mit dem ich weit über dreißig Jahre lang wunderbare Konzerte spielen durfte, starb nach einer sehr schweren, extrem schmerzhaften Krankheit.
Er war nicht nur ein hervorragender Musiker, der von allen geschätzt und geliebt wurde, er war auch mein liebster Freund, loyal, klug und herzensgut, der immer für mich da war, und mit dem ich jederzeit über alles reden konnte. Für ihn war es eine Erlösung, für mich war sein Tod ein Schock, dessen Vorhersehbarkeit ich nicht wahrhaben wollte.
Drei Tage vor seinem Abgang haben wir noch telefoniert, nachdem ich ihn eine Woche lang nicht erreichen konnte. Goran, der immer Zuversicht ausstrahlte und ein zäher Kämpfer war, zeigte plötzlich Resignation und Zerbrechlichkeit, das machte mir Angst. Dieser Verlust hat mich so getroffen, wie einst der Tod meiner Eltern. Er hat nicht nur seelische und körperliche Schmerzen in mir ausgelöst, sondern auch ein kreatives Blackout. Dass mir und Gorans gesamten Kollegen- und Freundeskreis eine würdige und respektvolle Verabschiedung seitens seiner Frau verwehrt wurde, konnte absolut niemand verstehen.
Auch das Wissen, dass der Tod zum Leben gehört, ist der Gedanke, die eigene Endlichkeit noch etwas hinauszuschieben, dürfte dazu beigetragen haben, mich langsam wieder aus meiner „Grube“ heraus zu kämpfen. Ich habe sogar wieder ein neues, erstaunlich positives Lied geschrieben, das meiner Meinung nach gut geworden ist. Jetzt, da meine Kreativität wieder zurückgekehrt ist, geht es mir wieder besser. Ich bin sicher, dass gefällt auch meinem Freund Gogo, wo immer er jetzt sein mag. Wahrscheinlich checkt er gerade eine neue Band – für später.
Bis bald,
eure Stefanie Werger
P.S. Über euren Eintrag ins Gästebuch würde ich mich freuen! Also bitte nicht schonen! 😘